Dienstag, 1. November 2016

Motorentechnik 123 beim Wind Up!

Da wir mal wieder auf Material warten und mich die Abendschule (ausgerechnet Logistik... da darf Materialknappheit ja eigentlich nicht passieren) auch stellenweise außer Betrieb setzt, sprich in der Werkstatt kann man heute nichts reißen, mal ein bißchen Theorie.
Wir hatten ja gesagt, die Leute sollen hier auch was lernen!

Gucken wir uns heute mal an, was da motorisch auf dem Wind Up! passieren soll.

Wie in den technischen Daten zu sehen, erfolgt der Antrieb über 2 LQ4 Chevrolet V8 Motoren.
Da werden jetzt die meisten hier in Deutschland denken: "Ok! Chevy V8. Das ist sowas wie da früher auf'm Fox saß. Der Mecking hat im Lotto gewonnen und macht jetzt in teure Tuningtechnik aus dem Katalog."

Nee, tut er nicht!

Ein Chevy LQ4 ist ein 6Liter V8 Motor, der im Prinzip immer noch auf dem Basisprinzip des Chevrolet Small Block aus den 50er Jahren beruht, aber dessen erstes "Familienmitglied" erst im Jahr 1997 auf den Markt kam.
Damals als Aluminiummotor mit 5,7 Liter in der Corvette, genannt LS1.

Somit hatte der Motor dann seinen Namen weg und die ganze Famlie der Motoren heißt heute "LSx"

Neben den Automotoren (den LS) hat Chevrolet aus diesem "Sportmotor" dann noch ganz gewöhnliche "Arbeitstiere" für Pick Ups und Transporter entwickelt. Diese bekamen einen Stahlblock, zahmere Nockenwellen, andere Ansaugbrücken und weniger Verdichtung.
Da gibt es die LR4 (4,8 Liter), die 5,3Liter (LM7) und als richtige "Malochermaschine" den 6,0 Liter LQ4, der einen etwas größeren Block hat. Der Motor hat 101,6mm Bohrung und 92mm Hub, ganz zahme Nocken und kommt im "Serientrimm" auf etwa 300 PS.

In Deutschland wurde dieser Motor übrigens im Hummer H2 auch verkauft.
Wie auf dem Bild schon zu sehen, hat der Motor eine Einzelspulenzündung, Aluminium Köpfe, eine Ansaugspinne aus Plastik - und ist im Serientrimm ganz schön häßlich.
Jetzt kann man sich schon denken, wenn oben was von "Corvette" und weiter unten was von "zahmen Nockenwellen" steht, dass man da "aus dem Regal" schon was machen kann.
So ein "Kleinlastermotor" ist ja auf Drehmoment und nicht auf Leistung ausgelegt - der aus der Corvette schon.
Dank der heutzutage üblichen "Gleichteilpolitik" sitzt im LQ4 eigentlich das gleiche Zeug wie in der Corvette drin. Also Pleuelstangen, Kurbelwelle, Köpfe, Ventiltrieb, usw.
Hinzu kommt, dass diese Motoren, im Vergleich zu den alten Small und Big Blocks, auf CNC Maschinen gefertigt werden und man nicht mehr erstmal 500g Unwucht in einem Satz Gusspleuel beseitigen muss, bevor man sie mit über 5000 U/min einsetzen kann, ohne dass gleich mal die Lager platt sind.
In den USA haben sich viele Schrauber den Spass gegönnt, diese Motoren quasi "auf Corvette" umzubauen und dann waren über 400 PS drin.
Dann hat man angefangen die Motoren mit Turbos aufzuladen und über 600 PS aus den Serienmotoren rausgeholt.
Die Schwachstellen wurden schnell gefunden, die da hauptsächlich die Kopfschrauben, Kopfdichtung, thermische Belastung, klemmende Kolbenringe und Klopfen waren. Das Klopfen (also unkontrollierte Frühzündung hervorgerufen durch zu heißes Gemisch im Brennraum) entsteht durch zu hohe Einlasstemperaturen, hervorgerufen durch das Verdichten der Luft im Turbo (ein Ladeluftkühler oder eine Wassereinspritzung helfen hier schon weiter).

Für unsere Motoren kommt jetzt der Treibstoffwechsel auf Alkohol ins Spiel:
Alkoholtreibstoffe haben ein anderes Mischungsverhältnis als Benzin. Kurz gesagt, bei Methanol muss man die doppelte Menge Treibstoff zur Luft mischen als bei Benzin. Diese Menge an Alkohol und die zum Verdampfen des Treibstoffes nötige Energie (etwa das Zehnfache als bei Benzin) kühlt das Gemisch vor und im Zylinder so weit runter, dass die Temperatur im Zylinder beim Verdichten bei weitem nicht so hoch ansteigt wie bei Benzin und sich das Gemisch nicht so schnell von selber entzündet. Man sagt immer "Methanol hat eine hohe Oktanzahl"- eigentlich ist das vereinfacht ausgedrückt: Sie ist gar nicht so arg hoch. Aber der Kühleffekt sorgt dafür, dass halt nichts im Zylinder so heiß wird, dass sich das Gemisch so schnell (früh) entzündet wie es bei Benzin der Fall wäre.
Damit lassen sich wesentlich höhere Drücke im Zylinder (vor der Zündung) realisieren, ohne dass sich das Gemisch von selber entzünet und dir die Köpfe oder Pleuel aus dem Motor haut.
Hinzu kommt, dass Methanol langsamer verbrennt als Benzin. Kurz gesagt, es haut einem nicht so schnell und brutal auf den Kolben wie Benzin. Das führt dazu, dass die Kolben und Pleuel bei gleicher Leistung weniger leiden als bei Benzin.

Viel Theorie, aber hoffentlich verständlich erklärt?

Beim Wind Up! wollen wir uns all dieses zunutze machen. Sprich die Motoren bekommen Stehbolzen für die Köpfe, bessere Kopfdichtungen, bessere Stößelstangen, andere Ventilfedern und Nockenwellen und noch ein bißchen "Kleinkram" sowie Methanol als Treibstoff und Turbolader.

Der Wechsel zu Methanol ist aber nicht damit getan, dass man sich das Zeug einfach in den Tank kippt.
Wie oben schon geschrieben, muss generell mal die doppelte Menge an Sprit rein.
Um den Kühleffekt bei steigendem Ladedruck (Temperaturanstieg) noch weiter zu nutzen, muss das Mischungsverhältnis bei steigendem Ladedruck noch deutlich erhöht werden: Während ein Methanol-Saugmotor mit einem Gemisch von Luft und Sprit von 5 zu 1 gut läuft, geht's bei Ladedruck (Temperaturanstieg) schon mal locker an 3,5 zu 1 und mehr.

Diese Mengen muss da erst einmal rein bringen und die Gemischanpassung zum Ladedruck muss auch passieren.
Jetzt kann man sich stundenlang mit der Abstimmung von mechanischen Einspritzanlagen beschäftigen, wozu ein Prüfstand mit entsprechender Messtechnik (Abgastemperaturen) natürlich sehr nützlich ist.
Den haben wir leider nicht.
Da ein Jahr auf der Bahn rumzuturnen, ohne dass was vorwärts geht und die Veranstalter nerven, liegt uns auch fern.
Es gibt ja Leute, die sich darüber schon einen Kopf gemacht haben. Also warum das Rad neu erfinden?

Da werden wir dann doch mal Geld ausgeben:

Die Gemischaufbereitung wird über elektronische Einspritzanlagen erfolgen. Die Anlagen werden auf vielen LS Motoren eingesetzt und man kann dort auf viel Erfahrung anderer Motorsportler zurück greifen.



Ein bißchen Feinabstimmung gehört natürlich dazu und ein zu mageres Gemisch sorgt quasi gleich für die Katastrophe (durchgebrannte Kolben / Frühzündung = Pleuel raus). Deshalb müssen wir uns auch erst langsam rantasten und Schritt für Schritt die passende Einstellung finden.

Zu den Turbos:
Da wir es mit 6l Motoren zu tun haben, die eine relativ hohe Abgasmenge und relativ geringe Abgastemperaturen (ca. 600 °C) haben, brauchen wir keine speziellen Turbos wie unsere Kollegen mit den Dieselmotoren. Wir können auch bei weitem nicht den Ladedruck der Dieselmotoren erreichen (besser gesagt, verarbeiten). Somit können wir auf "Serienturbos" setzen, die man hier und da von großen Stromaggregaten bekommen kann. Wir hatten das richtig "Schwein" und konnten Turbos ergattern, die von einem Notstromaggregat eines Krankenhauses kamen und nur sehr wenig gelaufen haben.

Zündung, auch noch so ein beliebtes Thema bei Methanolbetrieb.
Es braucht schon ziemlich "Dampf" um die fetten Methanolgemische zu entzünden (je fetter, desto schwieriger). Speziell bei hohen Drücken steigt dann noch der Widerstand an der Zündkerze an, so dass man früher um spezielle Hochleistungszündanlagen nicht herum kam. Inzwischen sind aber, aufgrund des Minderaufwands an teurer Mechanik und der Möglichkeit, den Zündzeitpunkt "frei" zu bestimmen, Einzelspulenanlagen auf Serienmotoren Gang und Gebe.
Die LS Motoren besitzen ebenfalls solche Einzelspulen (die sich durch eine kleine Boxen steuern lassen), die sich bis zu etwa 2,5 bar Ladedruck auf Methanol als "brauchbar" erwiesen haben. Bei ganz heftig getunten LS Motoren auf Methanol machen diese auch unter "Volldampf" auch Mucken und versagen ihren Dienst. Aber sowas haben wir ja erstmal nicht vor.
Wir sind ja "low budget"!




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